Video | Ausschnitte aus der Veranstaltung der Spore Initiative |
Macht erben glücklich?
Thorsten Flüh zur Veranstaltung am 2. Mai
im Auditorium der Spore Intiative, Berlin
mit Gisela Stelly Augstein, Rüdiger Safranski und Wolfram Koch.
„Die Buchvorstellung mit dem Gespräch über die Frage, ob wir begehren müssen, was der andere hat, trifft ein gesellschaftlich relevantes Thema. Gisela Stelly Augstein spricht mit Rüdiger Safranski über die Begehrensfrage, die in den Erbe-Roman hineinspielt. Sie docken mit dem Begehren an den französischen Anglisten und Kulturanthropologen René Girard an. Das Personal des Romans verstrickt sich im Begehren und Neid.“
„Das Erben und das Begehren korrelieren miteinander als Modi der Übertragung. Durch die Vererbung werden in sozialen wie biologischen Konzepten, in Natur und Kultur Objekte/Dinge – Bücher, Kleider, Häuser, Geld, Gene, Wissen etc. – an andere übertragen. Das Begehren überträgt das Begehren des und der Anderen auf ein Ich, ein Subjekt, wodurch u.a. Neid entstehen kann. Wie lassen sich aktuell Übertragungen formulieren?“
„Rüdiger Safranski und Gisela Stelly Augstein kamen in ihrem Gespräch zwischen den Lesungen aus dem Erbe-Roman mehrfach auf die Dynamik des Begehrens zurück.
Sie führe zu einer „Steigerung von Konflikten und Krisen“ wie sie mit Lena Grau in
Der Fang des Tages vorgespielt würden. Schon Søren Kierkegaard habe geschrieben: „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“
„Begehrt wird das Begehren des anderen in einer gewissen Radikalität, die Girard ein „mimetic self-poisoning” nennt: „In both plays the heroes are mimetically aroused at the thought of many men with whom these women supposedly made love and want to join this imaginary mob. When erotic desire becomes collective, it turns to base lust and starts vearning for the fallenness of its presumably fallen object.”
„Die Kombination und Komposition unterschiedlicher Erzählungen vom Erben durch Gisela Stelly Augstein, die Otto einen Krimi schreiben lässt, wirft die Frage auf, ob es ein gerechtes Erben, ein richtiges Erben ohne Schuld in der Zirkulation des Begehrens geben kann. Oder verpasst das Erbe immer, was vererbt werden soll? Wird nie geerbt, was zu erben gewünscht wird? Im Roman will Dora den Familienschmuck mit dem Diamantenarmband erben, findet aber nur Modeschmuck der Mutter, den sie nicht will. Macht das Begehren, weil es immer zirkuliert, nie besessen werden kann, zwangsläufig unglücklich?“
Zitate und Fotos © Thorsten Flüh
Der vollständige Blog-Beitrag hier
Video | Spore Initiative, Berlin |
Müssen wir begehren, was der andere hat?
Gisela Stelly Augstein im Gespräch mit Rüdiger Safranski.
Es liest Wolfram Koch.
Wer hat auf einem Spielplatz noch nicht beobachten können, wie ein bislang unbeachtetes Spielzeug, an dem eines der Kinder plötzlich Vergnügen findet,
zum begehrten bis umkämpften Objekt von anderen Kindern wird?
Dieses Phänomen kann man auf allen Spielplätzen dieser Welt beobachten.
Der Kulturanthropologe René Girard hat den auslösenden Impuls für dieses Verhalten mimetisches, also nachahmendes Begehren genannt:
Das Begehren des anderen löst erst das eigene Begehren aus.
In Gisela Stelly Augsteins Roman Der Fang des Tages begegnet man diesem Phänomen in der Welt erwachsen gewordener Kinder, im Kampf um eine Erbschaft.
Wolfram Koch liest aus dem Roman Der Fang des Tages.
Im Gespräch wollen Gisela Stelly Augstein und der Philosoph
und Literaturwissenschaftler Rüdiger Safranski den Blick des Romans weiten
auf die gesellschaftliche Bedeutung des nachahmenden Begehrens
in Zeiten von Internet und Social Media.
2. Mai 2024, Einlass 19:00, Beginn 19:30
Eintritt frei
Hermannstraße 86, 12051 Berlin
U8 bis Leinestraße
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Wegen der begrenzten Platzzahl bitten wir um Reservierung unter:
post@edition-w.de
Restkarten sind am Einlass erhältlich
aus: Liv Strömquist, „Im Spiegelsaal“, avant-verlag